20.10.2022

Der Knochen aus Osteopathischer Sicht

Für die meisten unter uns begann die Lehre der Anatomie mit den Knochen. Jede Wölbung, Rille, Kamm und Loch bekam einen Namen und wurde in Relation zu einem bestimmten Muskel, Ligament, einer Faszie oder arteriellen Struktur gestellt. Somit wurde der Knochen zu dem passiv tragenden Gerüst unseres Körpers.

Aufbau des Knochens

Der äußere Teil des Knochens wird vom Periost, auch Knochenhaut genannt, umgeben. Das Periost besteht aus drei Schichten: Die äußerste Schicht, die Adventitia, verbindet den Knochen mit den umliegenden Geweben. In der Mitte befindet sich die Fibroelastica, die aus Kollagenfasern besteht und bis in die Substantia compacta, den kompakten Teil des Knochens, reicht. Die innerste Schicht ist die Kambiumschicht, die aus Kambiumzellen und Osteoprogenitorzellen besteht. Diese Schicht ist wichtig für das Dickenwachstum des Knochens. Nach Abschluss des Knochenwachstums bleiben inaktive Präosteoblasten in der Kambiumschicht zurück, die bei der Heilung von Knochenbrüchen eine wichtige Rolle spielen, da die Frakturheilung vom Periost ausgeht.

Substina compacta und Substina spongiosa

Die Substantia compacta ist ein dichtes Gewebe im Knochen, das hauptsächlich aus Osteonen besteht. Diese bestehen aus mehreren Lamellen, die sich um einen Havers-Kanal anordnen, durch den Gefäße und Nervenfasern verlaufen.

Die Substantia spongiosa hingegen ist weniger dicht und besteht aus einem Trabekelwerk aus Platten und Stäben. Es gibt keine klare Abgrenzung zwischen Substantia compacta und Substantia spongiosa, da sie ineinander übergehen. Das Endost bedeckt die Substantia spongiosa und enthält ebenfalls Osteoblasten und Kapillargeflechte. In langen Röhrenknochen wird die Substantia spongiosa durch Fettmark ersetzt.

Blutversorgung der Knochen

Die arterielle Versorgung des Knochens erfolgt durch die Vasa nutricia, die durch die Foramina nutricia in die Kortikalis eintreten und den Knochen von innen nach außen versorgen. Die venöse Drainage erfolgt entgegengesetzt. In kurzen und unregelmäßigen Knochen erfolgt die Versorgung an mehreren Stellen der nicht von Knorpel bedeckten Knochenanteile. Die metaphysären und epiphysären Knochenanteile erhalten ihre Arterien aus den angrenzenden Muskel- und Gelenkarterien. Nach Beendigung des Knochenwachstums bilden sich Anastomosen zwischen Diaphyse und Epiphyse. Die Kortikalis der Röhrenknochen wird durch Kanäle aus dem Markraum versorgt, während das Periost die äußere Schicht versorgt. Das venöse Blut fließt aus der Kortikalis in die zentralen Sinus des Markraums und verlässt den Knochen über größere Venen. Die Schädelknochen haben eigene Kanäle, durch die das venöse Blut abfließt.

Innervation der Knochen

Die Innervation der Knochen ist in der Anatomie nicht gut erforscht und spielt eine untergeordnete Rolle. Das Periost, die Knochenhaut, wird von myelinisierten und unmyelinisierten Nervenfasern versorgt. Freie Nervenendigungen sind für die Schmerzwahrnehmung zuständig, während Mechanorezeptoren Druck, Zug und Vibration wahrnehmen und weiterleiten. Die tiefen Schichten des Periosts enthalten peptiderge C-Fasern, die ebenfalls für die Schmerzwahrnehmung und Entzündungsprozesse verantwortlich sind. Der genaue Einfluss des vegetativen Nervensystems auf das Knochenwachstum und die Knochentrophik ist nicht gut erforscht. Es gibt Beobachtungen, die Veränderungen der Knochendichte und -trophik bei Erkrankungen des vegetativen Nervensystems oder bei Durchtrennung peripherer Nerven zeigen. Es ist jedoch nicht klar, ob dies direkt auf fehlende nervale Impulse zurückzuführen ist oder auf veränderte Durchblutungssituationen oder fehlende Zugbelastungen der Muskulatur.

Die Knochen als einen rein passiven Bestandteil des Körpers anzusehen, ist unvollständig. Über nervale Verbindungen nehmen sie Einfluss auf ihre Umgebung und können Auslöser für Dysfunktionen in benachbarten Bereichen und Körpersystemen sein. Gleichfalls manifestieren sich stattgefundene Traumata in allen Anteilen des Knochens und können lange „lesbar* bleiben. Vor allem bei unbekannten und unerklärlichen Schmerzen lohnt es sich, den Bereich des bisher Gewohnten zu verlassen und neue Betrachtungsweisen zu suchen. Selbst in Bereichen, die als komplett erforscht scheinen, lassen sich auch im 21. Jahrhundert Neuigkeiten entdecken. Den Beweis liefern bisher übersehene Blutgefäße im Knochen.
Die Knochen als einen rein passiven Bestandteil des Körpers anzusehen, ist unvollständig. Über nervale Verbindungen nehmen sie Einfluss auf ihre Umgebung und können Auslöser für Dysfunktionen in benachbarten Bereichen und Körpersystemen sein. Gleichfalls manifestieren sich stattgefundene Traumata in allen Anteilen des Knochens und können lange „lesbar" bleiben. Vor allem bei unbekannten und unerklärlichen Schmerzen lohnt es sich, den Bereich des bisher Gewohnten zu verlassen und neue Betrachtungsweisen zu suchen. Selbst in Bereichen, die als komplett erforscht scheinen, lassen sich auch im 21. Jahrhundert Neuigkeiten entdecken. Den Beweis liefern bisher übersehene Blutgefäße im Knochen.
Durch neuste wissenschaftliche Erkenntnisse wandelt sich der passiven Knochen in ein hochdynamisches, interaktives, sekretierendes Organ, das wie keine anderen Gewebe für die osteopathische Vorgehensweise geeignet ist. Andrew Taylor Still stützt sich in seiner osteopathischen Philosophie auf 3 Grundsätze: die Selbstregulation und –heilung die Läsion die Regel der Arterie.
Juni 2024

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Jo Buekens, MSc D.O

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